Wieso Gemischter Satz in Zukunft rockt!

vienna traditional field blend

Abseits von der Fussballweltmeisterschaft und des herrlichen Wetters eine kleine Homage an eine fast vergesse Form des Weinbaues.

Was ist ein echter gemschter Satz? Darunter versteht man im eigentlichen Sinn Weingärten, die nicht reinsortig, sondern gemischt ausgepflanzt werden. Mehrere Sorten stehen nebeneinander. Die Lese erfolgt nicht separat sondern zu einem bestimmten Zeitpunkt gemeinsam. Es ergeben sich daraus, wenn man es richtig macht (und auch so will), hochkomplexe Weine, die nicht dominiert von einer Rebsorte, die lokalen Gegebenheiten, sprich das Terroir als Gesamtes perfekt wieder geben können. Grundsätzlich ist das nichts Neues, sondern die urprünglichste Art Weingärten zu pflanzen und Wein daraus zu gewinnen. Und das wusste schon Olivier de Serres, der Agrarminister von Heinrich des IV, der vor 500 Jahren übrigens meinte: „Dank an die Vielfalt, es gibt jedes Jahr Ernte“. Da ist was dran.

Umstritten ist Marcel Deiss, der Verfechter des gemischten Satzes im Elsass. Manche meinen seine Vorgehensweise sei zu radikal. Das stimmt eigentlich nicht, denn das was er auf seinen besten Lagen, den Premier und Grand Crus macht ist der gemischte Anbau mehrerer hochwertiger Sorten und die Bezeichnung der Weine NUR nach ihrer Herkunft. In den letzten Jahren hat sich das „Weindenken“ hin zu einem Sortendenken und leider weg von einem Herkunftsdenken entwickelt. Das ist Schade, denn den Ruhm den viele Weingegenden heute noch haben beruht einzig allein durch die Herkunft, durch die hochwertigen Lagen und der daraus resultierenden Weine. Die Rebsorte war meistens im Hintergrund und wurde nicht erwähnt. Man darf nicht vergessen, dass es sich um hochwertige Rebsorten handeln muss, die im Verband gepflanzt werden. Alles andere ergibt „Schoppenwein“, bzw. sehr einfachen Wein.

Interessantes Beispiel Wien: in den letzen Jahren weinbaulich aus dem Dornröschenschlaf erwacht haben sich dort Weingärten erhalten, die allesamt in Österreich in dieser Art die letzten 30 Jahre kompromisslos gerodet wurden. Am Nussberg oder auch am Bisamberg gibt es alte knorrige Gärten die hochwertige Weine liefern, die komplex sind und in ihrer Art die Herkunft erkennen lassen. Der berühmte Nussberger, der Gumpoldskirchner – alles Weine aus dem Gemischten Satz. Es gibt anscheinend mehrere Gründe, wieso sich der Gemischte Satz in Wien erhalten hat. Einerseits die Nachfrage in den Heurigen Lokalen (das Wiener Pendant zum Buschenschank) über „heurigen“ Wein. Dieser ist meist aus mehreren Rebsorten gekeltert, jedoch selten hochwertig. Andererseits glaube ich auch, dass es die sogenannte Wiener Gemütlichkeit ist, die die Winzer nicht angetrieben hat, alle Weingärten neu zu bepflanzen und somit alles pur und rein(sortig) zu halten.

Und in der Steiermark? Den „altsteirischen Mischsatz“, einen Wein, der sehr sehr üblich war, gibt es heute leider fast nicht mehr. Der Fortschritt, der die Winzer motivierte alles rein(sortig) und mit rein(Zuchthefe) auszubauen, hat dazu geführt, dass uralte meist hochwertige Bestände gerodet wurden und mit internationalen Sorten wie Sauvignon blanc und Chardonnay zugepflastert wurden. Leider hat man sich so selbst aufs international austauschbare Gleis gestellt. Der aktuelle Hype authochtoner Sorten inkl. dem Gemischten Satz in Österreich lässt die Steiermark momentan weitgehend aus. Das wissen viele, aber man redet nicht darüber.

Apropos Klimawandel: Experten rechnen in Zukunft nicht nur mit einem Anstieg der Temperaturen, nein, es sollen auch die Extremwettersituationen zunehmen: große Hitze, extreme Kälte, Trockenheit, viel Regen, wenig Niederschlag… all das kann Weingärten sehr stressen oder gar die Ernte zerstören. Deshalb liegt die Berechtigung des „old school“ Gemischten Satzes liegt auf der Hand: Ausgleich der in Zukunft extremeren Wetter/Witterungsschwankungen. Mehr Harmonie im Gesamten Weingarten. Mehr Herkunft, mehr Terroir. Was gibt es dagegen noch zu sagen? Nichts, denke ich mir.

Links:
Artikel zum Thema von Christian Schiller
Six-to-nine blog von Peter Vechiatto

(Bildinfo: ein echter Gemischter Satz am Wiener Nussberg, das Rosengartl, wie auch neuerdings am hauseigenen Buchertberg)

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